07.06.2017 - PRESSEMITTEILUNG
Schon wieder vergiftete Greifvögel zwischen Nohen und Reichenbach
Naturschutzinitiative e.V. (NI) und POLLICHIA erwarten konsequente Vorgehensweise der zuständigen Behörden
Am 4. März dieses Jahres hat ein Wanderer an der Nohener Traumschleife im oberen Bereich des Hohlbachs an der Gemarkungsgrenze zwischen Nohen und Reichenbach einen verendeten Mäusebussard gefunden und dem Jagdpächter gemeldet. Bei der Suche nach dem Vogel wurde etwa 600 m weiter unten, im Taleinschnitt des Hohlbachs, ein weiterer verendeter Mäusebussard entdeckt. Da 2015 in der Nähe der Fundorte ein Rotmilan vergiftet wurde, bemühte sich die Naturschutzinitiative e. V., unterstützt von der Pollichia-Kreisgruppe, um eine toxikologische Untersuchung der Kadaver. Die Kreisverwaltung als Untere Naturschutzbehörde sah keine Notwendigkeit, eine Untersuchung auf ihre Kosten in Auftrag zu geben, genehmigte aber der Naturschutzinitiative, die Überprüfung auf eigene Kosten durchführen zu lassen und stellte eine eventuelle Kostenbeteiligung in Aussicht, mit der Begründung: „Das Auffinden von gleich zwei toten Tieren im engen räumlichen und zeitlichen Zusammenhang ist ja doch ungewöhnlich und lässt Raum, eine nicht natürliche Todesursache zu vermuten“.
Die deutschlandweite Suche nach einem Labor, das solche Untersuchungen durchführen kann, gestaltete sich schwierig. In einem Fall wurde sogar eine Untersuchung abgelehnt, weil man befürchtete, eine Vergiftung nachzuweisen, die man dann melden müsse.
Auch die Staatsanwaltschaft Bad Kreuznach lehnte eine Untersuchung der beiden Vögel zunächst ab. Offensichtlich haben aber die Hinweise der Naturschutzinitiative e.V. auf die mögliche Gefährdung von Menschen, auf die Fischteiche im Quellgebiet des Hohlbaches, auf den stark frequentierten Nohener Premium-Wanderweg und auf das Erscheinen einer jungen Frau, die auf dem Weg zur Quelle des Hohlbachs unterwegs war, um dort Quellwasser zu trinken, dann doch dazu beigetragen, dass die Staatsanwaltschaft eine toxikologische Untersuchung der Vögel angeordnet hat.
Das Ergebnis war niederschmetternd: Die Vögel starben nicht, wie ursprünglich vermutet an der Vogelgrippe, sondern an Gift. In beiden Vögeln fand man Rückstände von Carbofuran. Dieses schwere Gift wurde früher in der Landwirtschaft als Pestizid eingesetzt, ist aber wegen seiner hohen Umwelttoxizität seit zehn Jahren in der EU streng verboten. Es darf weder verkauft, noch gekauft, noch irgendwo ausgebracht werden. An dem gleichen Gift war 2015, ebenfalls zwischen Nohen und Reichenbach, mindestens ein Rotmilan zugrunde gegangen.
Leider muss man von einer hohen Dunkelziffer ausgehen. Da die verendeten Vögel nur selten und zufällig gefunden werden, handelt es sich nach Auffassung der Naturschutzverbände bei den drei nachgewiesenen Vergiftungsfällen nur um die Spitze eines Eisbergs. Die beiden Bussarde wurden nur gefunden, weil sie an einem viel begangenen Wanderweg lagen, der Rotmilan von 2015 nur deshalb, weil er zum Sterben die Nähe des Horstes aufgesucht hatte und bei einer Horstkontrolle entdeckt wurde. Wahrscheinlich ist die ganze Familie zugrunde gegangen.
Mehrfach war in der Nahe-Zeitung zu lesen, dass es bezüglich der auf dem Höhenzug zwischen Reichenbach, Nohen und Heimbach geplanten Windenergieanlagen eine "Rotmilanproblematik" gäbe. Weil die Anlagen unter anderem wegen der hohen Populationsdichte des Rotmilans nicht genehmigt werden konnten, hat man also ein Problem mit dem Rotmilan. Schuld daran ist nicht der Rotmilan, der seinerseits ein viel größeres Problem mit den Windrädern hat, sondern alle diejenigen, die hier die Ausweisung eines Vorranggebiets für die Windenergienutzung betrieben haben, ohne vorher - wie es eigentlich notwendig gewesen wäre - die Rotmilanvorkommen zu untersuchen.
Wir haben den Verdacht, dass hier jemand versucht, das sogenannte "Rotmilanproblem" auf besonders infame Weise zu lösen. Die Verbände haben daher Anzeige erstattet wegen illegaler Ausbringung eines verbotenen Giftes.
Totfunde von Greifvögeln im Oberen Nahebergland, in einem Hotspot ausufernder Windradplanung, können nicht unbesehen hingenommen werden. Die zuständigen Behörden (Naturschutz, Staatsanwaltschaft) müssen bundesdeutschem Natur- und Artenschutzrecht und der europäischen Vogelschutzrichtlinie konsequent Geltung verschaffen. Daher erwarten wir von ihnen in ähnlich gelagerten Fällen die umgehende Beauftragung einer veterinärmedizinischen und toxikologischen Untersuchung.