Bartgeier – Begegnung einer besonderen Art

Bartgeier – Foto: pixabay
Ein besonderes Lob bekamen dieser Tage unser Mitglied G. Grau und sein Kollege, für ihre aufmerksame Beobachtung und ihr engagiertes Verhalten, nach der Sichtung eines sehr ungewöhnlichen Vogels in ihrem Heimatort Ebsdorfergrund.
Unser Mitglied wurde von einem ehemaligen Kollegen angerufen, der einen stattlichen Vogel in freier Wildbahn nicht zuordnen konnte. Nach seinem Eintreffen am Steinbruch Dreihausen, war auch G. Grau nicht wenig überrascht über den Hilferuf seines Kollegen. Kreiste da doch ein mächtiger Vogel mit einer Flügelspannweite von mindestens 2 m vor seinen Augen.
Nach gründlicher Beobachtung wurde der anfängliche Verdacht, der auf einen Steinadler fiel, jedoch wegen der Merkmale, die eher auf einen Geier passten, wieder fallen gelassen. Nun war guter Rat gefragt, denn ein Vogel in dieser Größe und mit den Merkmalen eines Geiers hatten beide hier noch nicht gesehen. Der Verdacht lag nahe, dass das unbekannte Exemplar möglicherweise einem Falkner entflogen sein könnte. Der Anruf bei einem bekannten Falkner brachte sie jedoch auch nicht weiter. Dieser riet zur Kontaktaufnahme bei einem Berufsfalkner, hier wurde Verdacht geschöpft, es könnte sich um einen verirrten Bartgeier aus dem Alpenland handeln.
Tatsächlich handelte es sich jedoch um den schon seit einiger Zeit vermissten Bartgeier “Eglazine“, der im Jahre 2020 in Frankreich ausgewildert wurde und seit einiger Zeit spurlos verschwunden war. Extreme Wanderungen sind für junge Bartgeier völlig normal. Das besondere an „Eglazine“ ist jedoch, dass sie der erste nachgewiesene Jungvogel ist, der zweimal eine solche Reise nach Nordwesteuropa unternommen hat. Geschlüpft ist sie im März 2020 im Parco Natura Viva. Anschließend wurde sie in Frankreich ausgewildert. Nun konnte der Kontakt zu „Eglazine“ mittels eines Senders wieder hergestellt werden, um ihre Wanderaktivitäten weiter zu verfolgen.
Der Bartgeier zählt zu den größten flugfähigen Vögeln der Welt und hat eine Flügelspannweite von bis zu 2,9 Metern. Mit 225 bis 250 Brutpaaren in Europa ist er auch einer der seltensten Vogelarten. Die alpenweite Wiederansiedlung des einst heimischen Bartgeiers gilt als einzigartiges Beispiel im internationalen Naturschutz.
Zusammen mit dem Nationalpark Berchtesgaden wurden im Juni 2021 zum ersten Mal zwei junge Bartgeier ausgewildert. Insgesamt wird das Projekt voraussichtlich über zehn Jahre laufen, wobei jährlich zwei bis drei Jungvögel ausgewildert werden sollen. Über 100 Jahre nach seiner Ausrottung soll dem größten Greifvogel Mitteleuropas so auch die Rückkehr nach Deutschland ermöglicht werden.