12.05.2020 – SCHÄTZE DER NATUR – Haareis

Ein Pilz lässt Eiskristalle wachsen
Im Jahre 1918 beschrieb der Forscher Alfred Wegener in der Zeitschrift „Die Naturwissenschaften“ eine recht merkwürdige Form gefrorenen Wassers, die sogenannte Eiswolle. Knapp 100 Jahre später konnte eine deutsche und Schweizer Gruppe um Diana Hofmann vom Forschungszentrum Jülich den Mechanismus erklären. Eine für Laubbäume typische Pilzart, die Rosagetönte Gallertkruste (Exediopsis effusa) scheidet ein proteinartiges Molekül ab, es wirkt als Kristallisationskeim, an dem sich die feinen Kristalle des Haareises bilden können. Im Gegensatz zu Reif und Rauhreif, bei denen nadelförmige Eiskristalle durch Sublimation unmittelbar aus dem Wasserdampf der Luft entstehen, bildet sich die mähnenartige Eiswolle aus flüssigem Wasser. Rauhreif lässt die Kristalle durch Anlagerung von außen wachsen, während Haareis wie lebendiges Haar von unten aus toten, morschen Laubbaumstücken heraus entsteht. Unter günstigen meteorologischen Bedingungen können auf diese Weise die hauchdünnen „Haare“ aus Eis bis zu einer Länge von zehn Zentimetern wachsen.