Haselhuhn [Tetrastes bonasia]
Das äußerst scheue und im Unterwuchs des Waldes lebende Haselhuhn ist für fast alle Menschen ein völlig unbekannter Vogel. Es verharrt gut getarnt bei Störungen in kaum zugänglichen Dickungen. Auch seine Stimme ist unauffällig. Möglicherweise ist die schwierige Vermittelbarkeit der Art ein Grund dafür, dass das gegenwärtig stattfindende (!) Aussterben der Art in den deutschen Mittelgebirgen nicht in die öffentliche Wahrnehmung gelangt. Weder Naturschutzbehörden, noch die meisten Naturschutzvereinigungen haben die Problematik in den letzten 20 Jahren deutlich benannt. Dabei ist das Haselhuhn nach europäischem Recht streng zu schützen. Es scheint schon lange vor dem eigentlichen Verschwinden abgeschrieben worden zu sein und passt gemäß vieler „Expertenmeinungen“ offensichtlich nicht mehr in die aktuelle Zeit. In früheren Wäldern hatte es sich in den Mittelgebirgen ausgebreitet, als es großflächig noch keine „ordnungsgemäße“ Forstwirtschaft gab und die Bewirtschaftung durch die Waldweide oder Niederwälder vorherrschten.
Haselhuhn Fakten: | |
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Lateinischer Name: | Tetrastes bonasia |
Größe: | ca. 36 cm |
Besondere Kennzeichen: | Rücken mit graubraun gemustertem Tarnkleid. Am Bauch mehr oder weniger deutliche braune Flecken auf hellem Grund. Kopf mit kleiner Federhaube, die sich bei Gefahr aufstellt. Die Kehle ist beim Männchen schwarz, beim Weibchen grauweiß gemustert. |
Gelege: | Meist 6 - 10 Eier, die in eine nur dürftig ausgekleidete Bodenmulde gelegt werden. Das Nest selbst liegt versteckt in hohen Krautbeständen oder am Boden versteckt unter dichten Gehölzstrukturen. |
Lebensraumansprüche: | Sehr strukturreiche Laub-, Misch- und Nadelwälder mit beeren- sowie kätzchentragenden Bäumen und Sträuchern, die mit einer dichten Kraut- oder Zwergstrauchschicht unterlegt sind. Gerne in Nähe von kleinen Bachtälern. Während die westliche Unterart „rhenana“ an strukturreiche Laubwälder angepasst ist, sind es die meisten anderen Unterarten mehr an Nadel- oder Mischwälder. |
Nahrung: | Im Frühjahr Insekten und später gerne Beerenfrüchte wie z.B. von Eberesche und Heidelbeere. Im Winter dann v. a. Knospen und Kätzchen von Laub- und Nadelbäumen. |
Beobachtung im Jahreslauf: | Ganzjahresvogel |
Für was steht die Art: | Die Art steht für ein Versagen von Politik, Naturschutzbehörden und auch einigen Naturschutzverbänden in einer Zeit, in der den Anforderungen des Naturschutzes viele Interessen entgegenstehen und Belange des Naturschutzes viel zu oft nicht mehr ernsthaft verfolgt werden. Die Klassifizierung „stark gefährdet“ ist alarmierend. Deshalb muss besonders deutlich auf die Problematik und die sich ergebenden Konsequenzen für das Vorkommen des Haselhuhns in Deutschland hingewiesen werden. Besonders die Interessen einer „ordnungsgemäßen“ Forstwirtschaft stehen dem Schutz des Haselhuhns entgegen. |
Gefährdung: | Stark gefährdet (Kat. 2). Wobei sich der Gefährdungsgrad v. a. auf Unterarten bezieht, die noch mit einer leicht besseren Situation im Bayerischen Wald und den Alpen vorkommen. In den westlichen Bundesländern Rheinland-Pfalz, Hessen, Saarland, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg, wo die Unterart „Rheinisches Haselhuhn“ zuhause war, wird es in 2022 noch als „vom Aussterben bedroht“ geführt, auch wenn die Art in den meisten der ehemaligen Bereiche als „verschollen“ (0) anzusehen ist. Gute abgesicherte Beobachtungsbelege sind nach 2010 extrem rar. Gibt es dennoch mal eine Beobachtung, dann wird dieses in Fachkreisen meist bezweifelt, da die wenigen kurzen Beobachtungsmomente nicht für eine beleghafte Dokumentation reichen, Spuren als nicht sicher genug angesehen werden und Losung oder Federn, die ein Gennachweis ermöglichen, im dichten Bestand kaum zu finden sind. Das westliche Haselhuhn ist derzeit die am stärksten gefährdete Vogelsippe in Deutschland, die kurz vor dem Aussterben steht. |
Schutzmaßnahmen: | Die Maßnahmen, die zum Schutz des Haselhuhns in den EU-Vogelschutzgebieten und weiteren Naturschutzgebieten festgelegt wurden, sind nicht aufzugeben, sondern konsequent weiterzuführen und auszuweiten, selbst dann wenn kein aktueller Beleg vorliegt. Leider passiert derzeit das Gegenteil. Ebenso sind alle Beobachtungen des Haselhuhns, wenn auch ggf. mit geringer Belegkraft, in den ehemals bekannten Vorkommensgebieten als Anlass für aufwendige Maßnahmen zu nehmen, um die Art zu schützen. Es geht um die Schaffung von unterholzreichen stark gestuften Wäldern, wie sie am besten unter der historischen Haubergswirtschaft ausgeprägt waren. Auflockerung von Forstbeständen und das Offenhalten entsprechend gelichteter Korridore zwischen gut geeigneten Habitaten sind weitere Maßnahmen, die sich positiv auf den Bestand des Haselhuhns auswirken können. |
Besonderheiten: | Für das Haselhuhn als Anhang 1 Art der EU-Vogelschutzrichtlinie gilt ein strenger Schutz und die Notwendigkeit, die Art in speziellen Vogelschutzgebieten zu sichern. Hierzu haben sich die Bundesländer in Managementplänen verpflichtet, Maßnahmen zu entwickeln und durchzuführen. Die Verantwortung für eine im Aussterben befindliche Art und der hohe Schutzstatus der Art erlaubt kein vorzeitiges Aufgeben der Schutzbemühungen, gerade zu einer Zeit, in der im Zuge der Borkenkäferkalamität weitflächig absterbende Forstkulturen existieren, die in der Sukzessionsphase den Ansprüchen des Haselhuhns sehr entgegenkommen. Dieses könnte vielleicht dem seltenen Vogeltier noch eine (letzte) Chance geben. |