Weißstorch [Ciconia ciconia]
Der Weißstorch ist ein Kulturfolger, der für seinen Brutplatz gerne dörfliche Siedlungen im Tiefland oder in Flusslandschaften aufsucht. Der sehr auffällige, jedoch wenig scheue „Klapperstorch“ ist in der Folklore der Menschen fest verwurzelt. Wohl jeder kennt das Bild von ihm mit einem Kinde in einem Tuch, das er mit dem Schnabel hält.
Weißstorch Fakten: | |
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Lateinischer Name: | Ciconia ciconia |
Größe: | Ca. 100 cm Körperlänge bei 150-165 cm Flügelspannweite |
Besondere Kennzeichen: | Großer Vogel mit schwarzweißem Federkleid und roten Beinen und Schnabel. Beim kraftsparenden Segelflug fallen die schwarzen Hand- und Armschwingen als zusammenhängendes Band auf. Dabei sind Kopf und Beine ausgestreckt. |
Gelege: | Gerne im Bereich von Siedlungen auf Dächern und Schornsteinen nistend, Nisthilfen werden gerne angenommen. Außerhalb von Siedlungen können diese auch auf umgestalteten Telegrafenmasten oder sonstigen Gittermasten liegen. In Deutschland werden selten, aber zunehmend, auch Nester in Bäumen angelegt, eine in anderen Gegenden Europas deutlich häufigere Nistweise. Ein langjährig genutztes Nest kann bis zu 4m hoch und 2m breit sein und dabei 2 Tonnen wiegen. Meist werden jedoch kleinere Neste errichtet. Von Mitte März bis Anfang Mai werden 3-5 Eier gelegt. Mit 3-4 Jahren ist der Weißstorch geschlechtsreif. |
Lebensraumansprüche: | Meist offene Flussauen und Niederungslandschaften mit Flachgewässern und Feuchtgrünland als bevorzugtem Nahrungsraum |
Nahrung: | Kleine Wirbeltiere wie Mäuse, Amphibien oder Fische, Großinsekten (Heuschrecken), Regenwürmer |
Beobachtung im Jahreslauf: | Sommervogel in Deutschland. Er erreicht im Westen Deutschlands schon Ende Februar die Brutgebiete, in anderen Gebieten meist im Laufe des März. Zuggeschehen bis Mitte Mai. Am Brutplatz ist er recht auffällig und in umliegenden Feuchtwiesen oder frisch bearbeiteten Feldern auf Nahrungssuche zu beobachten. Wegzug nach beendigter Brut von Mitte August bis Anfang September. Jung- und Altstörche ziehen getrennt. Die Jungstörche starten meist sogar früher. Die Art gilt als Langstreckenzieher. Auf der Ostroute, die über den Bosporus und Palästina bis nach Ost- und Südafrika führt, kann eine Distanz von 10.000 km zurückgelegt werden. Die Westroute über Gibraltar nach Westafrika ist meist kürzer und wird teils sogar nur verkürzt (bis nach Spanien), beflogen. Die unterschiedlichen Zugwege verlaufen meist schräg über Deutschland. |
Für was steht die Art: | Die Art ist ein Beleg dafür, wie eine Leitart im Naturschutz, die sich zudem in der Öffentlichkeit hoher Beliebtheit erfreut, für Erfolge im Naturschutz steht. Es erfolgten zahlreiche Maßnahmen zur großflächigen Sicherung und Renaturierung von Feuchtgrünland, für dessen Sinnhaftigkeit der Schutz des Weißstorches Pate stand. Diese Erfolge, in Verbindung mit einem veränderten Zugverhalten auf der Westzugroute (was zu geringeren Verlusten führt) sowie weitere Ursachen, brachten die nahe am Aussterben stehende Art wieder in einen zahlenmäßig guten Erhaltungszustand. Zur Deckung ihres hohen Nahrungsbedarfs ist natürlich das Vorhandensein einer großen Artenvielfalt und Individuenmenge unerlässlich. Das Vorkommen von Weißstörchen steht damit für einen oft etwas intakteren Lebensraum. |
Gefährdung: | Naturschutzabhängige Art, die in Deutschland auf der Vorwarnliste geführt wird. Streng geschützte Art der EU-Vogelschutzrichtlinie (Anhang 1). Gefährdet durch intensive Landwirtschaft mit Entwässerung und Grünlandumbruch, Verlusten an Stromleitungen und Verluste auf dem Zug, u.a. durch Jagd in Afrika. Einem starken Bestandsrückgang in Deutschland von etwa 9.000 Brutpaaren (BP) in 1934 auf ca. 2.950 Paare in den 80-er Jahren folgte durch Hilfsmaßnahmen und Biotopverbesserung eine Bestandserholung auf über 7.500 Paare in 2021. Besonders auffällig war diese Entwicklung in NRW, wo der Bestand von 160 BP um das Jahr 1900 auf nur noch 3 BP in 1991 schrumpfte und seitdem wieder stetig auf 705 Paare in 2022 anwuchs. |
Schutzmaßnahmen: | Großflächige Extensivierung der Landnutzung, v.a. Renaturierung von Feuchtgebieten und damit eine Optimierung der allgemeinen ökologischen Bedingungen. Die Bereitstellung von Horstplattformen kann Ansatz für eine Neuansiedlung sein, entscheidend sind aber die passenden Lebensräume mit einem reichen Nahrungsangebot. |
Besonderheiten: | Der Weißstorch hat das Schnabelklappern als Instrumentallaut im Balzgeschehen und weiteren innerartlichen Kommunikation entwickelt. Es gibt keinen eigentlichen Gesang oder auffällige Rufe, lediglich Zischlaute unterstützen die Kommunikation der Tiere. Von Weißstörchen ist bekannt, dass sie fast 40 Jahre alt werden können. Große Nester beherbergen in den unteren Etagen auch Nester anderer Brutvögel, z.B. Haussperlinge. Bemerkenswert ist ein verändertes Zugverhalten auf der Westroute, das den Tieren durch Verkürzung des Zugweges geringere Verluste und einen Vorteil mit einer frühen Revierbesetzung bietet. Individuelle Unterschiede im Zugverhalten tradieren sich im erfolgreichen Fall schnell weiter. Einzelne Tiere versuchen im Winter in Deutschland zu bleiben, ohne Zufütterung durch den Menschen ist dies jedoch problematisch. |