NI erreicht Betriebsstopp der Windenergieanlagen im Dahlemer Wald
Die NaturschutzinitiativeÜber die Naturschutzinitiative e.V. (NI) Die Naturschutzinitiative e.V. (NI) ist ein unabhängiger, gemeinnütziger und bundesweit anerkannter Naturschutzverband. e.V. (NI) begrüßt den vom Verwaltungsgericht (VG) Aachen getroffenen Betriebsstopp durch eine Zwischenverfügung vom 05.06.2020 zum Schutz der Population der RotmilanRotmilan Der Rotmilan ist der heimliche Wappenvogel Deutschlands, da hier mehr als die Hälfte des Gesamtbestandes vorkommen. Er ist nur in Europa zu finden, weshalb wir für den Erhalt dieser Art eine herausragende Verantwortung haben.e im Dahlemer Wald.
Bereits am 09.03.2020 hatte die NI gemeinsam mit dem NABU Euskirchen einen sofortigen Baustopp der Anlagen von Dahlem IV zum Schutz der brütenden Rotmilane im Rotbachtal in unmittelbarer Nähe der Windkraftanlagen bei der Genehmigungsbehörde in Euskirchen gefordert. Die Genehmigungsbehörde hatte die Forderung abgelehnt und kein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko für die Rotmilane erkennen können.
Das VG Aachen jedoch bewertete dies jetzt im Sinne des Artenschutzes und verhängte für die drei fast fertiggestellten Anlagen einen Betriebsstopp, um die Rotmilane vor den irreversiblen und somit ggf. tödlichen Folgen der Schläge der Rotoren durch die Windkraftanlagen zu schützen.
„Ob in der Gesamtbetrachtung eine derart windkraftnahe Brutaufzucht und Raumnutzung, die dazu noch deutlich von der Raumnutzung im Vorjahr abweicht, einen Ausschluss eines signifikant erhöhten Tötungsrisikos methodisch rechtfertigt, bedarf der näheren Überprüfung“, so das Gericht.
„Für Rotmilane, die im 1.000 m-Radius einer Windenergieanlage brüten, besteht durch deren Betrieb grundsätzlich ein Tötungsrisiko durch Kollision mit der Anlage. Diese Einschätzung entspricht den Annahmen im Leitfaden 2017 (vgl. dort S. 18, 42, 48). Dieser geht aufgrund verschiedener Untersuchungen davon aus, dass Rotmilane besonders häufig in Nestnähe fliegen, um ihre Jungen mit Nahrung zu versorgen. Wird in diesem Bereich, den die Rotmilane deutlich intensiver nutzen als andere Landschaftsbereiche, in denen sie auch anzutreffen sind, eine Windenergieanlage betrieben, ist das Risiko, mit dieser zu kollidieren, gegenüber dem Risiko, im allgemeinen Naturgeschehen oder an anderen menschlich geschaffenen Vorhaben zu Tode zu kommen, wegen der intensiven Nutzung signifikant erhöht, sofern diese Annahme nicht im Einzelfall durch weitergehende Erhebungen vor Ort wie etwa eine Raumnutzungsanalyse entkräftet wird“, führt das Gericht weiter aus.
„Vor diesem Hintergrund kann die Gefahr eines derzeit bestehenden signifikant erhöhten Tötungsrisikos nicht mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden. Die Realisierung wäre irreversibel. Demgegenüber wiegen die wirtschaftlichen Interessen der Beigeladenen, die wie aufgezeigt regelmäßig dem unternehmerischen Risiko eines Vorhabenträgers zuzuordnen und damit einzukalkulieren sind, nach Auffassung der Kammer weniger schwer, so dass vorliegend das Interesse des Antragsteller gegenüber demjenigen der Beigeladenen und des Antraggegners als höher zu bewerten ist“, so das Gericht in seinem Beschluss.
Die Vorgaben des „Helgoländer Papiers“, die Empfehlungen der Länderarbeitsgemeinschaft der staatlichen Vogelschutzwarten gehen als wissenschaftlich begründete Abstandsempfehlungen für die Rotmilane mit 1.500m über diese Vorgaben hinaus.
„Bei Einhaltung dieser Abstandsempfehlungen würden Standorte, wie Dahlem IV, in unmittelbarer Nähe von 4-6 Brutrevieren der Rotmilane, von vornherein ausgeschlossen werden“, so Harry NeumannHarry Neumann Vorsitzender der Naturschutzinitiative e.V. (NI) , Landesvorsitzender der Naturschutzinitiative e.V. (NI). „Die Gültigkeit des „Helgoländer Papiers“, als aktueller Fachstandard ist ebenfalls gerichtlich anerkannt. Derzeit hat die Länderarbeitsgemeinschaft der Staatlichen Vogelschutzwarten neue Empfehlungen entwickelt, die der Naturschutzinitiative (NI) vorliegen.
„Der Standort der fünf Windenergieanlagen von Dahlem IV ist völlig inakzeptabel“, erklärte Claudia Rapp-Lange, Sprecherin der NI im Kreis Euskirchen. „Bei angemessener Berücksichtigung der artenschutzfachlichen Belange der Population der Rotmilane im Umkreis des Projektgebietes mit 5 bis 6 Brutpaaren und den herbstlichen Sammelplätzen, ist die Genehmigung der Windkraftanlagen in diesem Bereich rechtlich nicht nachvollziehbar. Unsere Erfassungen der Jahre 2017 bis 2020 bestätigen dies. Die Ergebnisse dieser Erfassungen sind der Genehmigungsbehörde in unseren Stellungnahmen hinreichend dargelegt worden.“
„Der für die Rotmilane bestens ausgestattete Lebensraum des Waldgürtels, der Bestandteil des europäischen Biotopverbundes ist, mit zahlreichen Altholzinseln und ausreichenden Nahrungshabitaten innerhalb und außerhalb des Waldes, hat zu einer stabilen Population der Rotmilane geführt, die alljährlich wiederkehrend ihre Reviere besetzen. Dieser Lebensraum der Rotmilane muss ganzheitlich geschützt werden, um für die Art die Quellpopulationen zu erhalten und zu sichern. Wir begrüßen daher die Entscheidung des Gerichtes ausdrücklich“, betonten Harry Neumann und Claudia Rapp-Lange, NI.
Die NI hofft, dass die Niststätte der Rotmilane im Rotbachtal im Zirkelpunkt der Anlagen von Dahlem IV nicht dasselbe Schicksal erleidet, die der Niststätte der Rotmilane im nördlich gelegenen Wald in 450 m Entfernung von der Windenergieanlage im Jahr 2018 durch ihre Zerstörung widerfahren ist. Der Gesetzgeber sollte dafür sorgen, dass an Standorten, an denen die Genehmigungsfähigkeit durch kriminelle Handlungen herbeigeführt werden soll, nicht möglich sind.
„Die Horste wären weniger gefährdet, wenn der Lebensraum der Rotmilane als Ganzes geschützt wäre, unabhängig von dem Besatz eines einzelnen Horstes. Die Rotmilane verlassen ihre Reviere nicht, auch wenn der Horst zerstört wird. Die Vögel errichten einen neuen Horst, der ebenso zu berücksichtigen ist. Dies würde der Zerstörung der Horste vorweggreifen und die Horste schützen“, so die Vertreter der NI, Harry Neumann und Claudia Rapp-Lange.
Die Klage der Naturschutzinitiative (NI) wird unterstützt von der Deutschen Wildtier Stiftung und dem NABU Euskirchen.