20.08.2025 - Pressemitteilung

Streuobstwiese bei Lispenhausen im Fuldatal erhalten!

Der Gartenrotschwanz ist typischer Bewohner von alten höhlenreichen Streuobstwiesen. In Deutschland gibt es zu wenige Schutzgebiete für die Art, was bereits von der EU angemahnt wurde. – Bild: Arno Werner

Die Holzlogistik und Güterbahn GmbH (HLG) möchte sich in Lispenhausen erweitern und plant in der Fuldaaue mit dem Bau neuer Gleise einen erheblichen Eingriff in Natur und Landschaft.

Der Landesverband der  NaturschutzinitiativeÜber die Naturschutzinitiative e.V. (NI) Die Naturschutzinitiative e.V. (NI) ist ein unabhängiger, gemeinnütziger und bundesweit anerkannter Naturschutzverband. e.V. (NI), die Naturkundliche Gesellschaft Mittleres Fuldatal, die BUND und NABU Kreisverbände Hersfeld-Rotenburg sowie der Kreisverband der Hessischen Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz (HGON) lehnen nach einer umfassenden Prüfung der offen gelegten Unterlagen den Ausbau und die damit verbundene Zerstörung von gesetzlich geschützten Streuobstwiesen und wertvollen Brachen in der Fuldaaue ab.

Die über 20-jährigen Kartierungen durch Ehrenamtler in der Fuldaaue und dem EU-Vogelschutzgebiet „Fuldatal“ belegten einen Hotspot der Artenvielfalt. Es bestehe eine Vernetzung von LebensräumeLebensräume Wir schützen Lebensräume! Bedrohte Vielfalt schützen und erhalten!n in der Aue und dem Eingriffsgebiet. Daher werde es zu erheblichen und weitreichenden negativen Folgen für das Ökosystem kommen, betonen die fünf Naturschutzverbände. Höchste Priorität müsse deshalb bei der Sicherung der Streuobstwiesen und der angrenzenden Brachen der Schutz der Biodiversität haben, um den weiteren Artenschwund zu bremsen. Der Dachverband deutscher Avifaunisten beklage bereits einen jährlichen Verlust von 40.000 Vögeln.

Kritikpunkte der Naturschutzverbände

Die Naturschutzverbände kritisieren die unzureichende Erfassung der Fauna, insbesondere der Vögel. Im Rahmen der Umweltprüfung mussten vom Auftraggeber gemäß der Auflagen durch die Untere Naturschutzbehörde u. a. die Vorkommen von Vögeln erfasst werden. „Wir sehen es als unzureichend an, an wenigen Tagen und Stunden und nur in der Brutzeit Daten zu erheben. Aus diesen unzureichenden Kartierungen wird dann der Schluss gezogen, dass ein Eingriff möglich sei und sogar ausgeglichen werden könne. Vorgeschlagen werde zwar die Neuanlage einer Streuobstwiese, aber nicht in der Fuldaaue, sondern bei Herlefeld“, erklären die Naturschutzverbände.

„Eine neu gepflanzte Ostbaumwiese benötigt aber mindestens ein halbes Jahrhundert, um die ökologische Wertigkeit einer gerodeten Streuobstwiese zu erreichen“, betont Arno Werner, Länder- und Fachbeirat der Naturschutzinitiative e.V. (NI). Die Eingriffsfläche sei folgerichtig erheblich zu reduzieren, um eine Überbauung von Natur und Landschaft zu minimieren. Insbesondere sei die lila umrahmte Fläche im Kartenausschnitt grundsätzlich von jeglicher Bebauung freizuhalten. Die Baumaßnahmen im Rahmen des Gleisausbaus müssen sich im Wesentlichen auf das Betriebsgelände beschränken!  Eventuelle Ersatzmaßnahmen seien dann in der angrenzenden Fuldaaue umzusetzen, fordern die Experten.

Wichtiger Lebensraum Streuobstwiese

Als Streuobstbestände werden Obstbaumbestände ab einer Anzahl von zehn Bäumen bezeichnet, die überwiegend aus starkwüchsigen, hochstämmigen und großkronigen Obstbäumen mit weiten Abständen von etwa 8-10 Meter bestehen. Hochstämmig bedeute, dass sich der Kronenansatz in einer Höhe von mindestens 160 cm befinde. In der Regel gebe es unterschiedliche Arten und Sorten und das Alter der Bäume sei unterschiedlich.

„Insbesondere ist die Streuobstwiese ein wichtiger Lebensraum für Vögel und Gliederfüßer wie Insekten oder Spinnen. In Streuobstwiesen können zwischen 2000 und 5000 Tierarten beheimatet sein und dort ihre Nahrung finden“, betont Arno Werner.

„Gerade ältere Streuobstbestände haben einen hohen Totholzanteil, wo Wildbienen, Schmetterlingsraupen und Holzkäfer leben. Sie benötigen daher altes Totholz. Baumrodungen oder Baumpflegemaßnahmen führen möglicherweise zum Erlöschen der lokalen Populationen“, betonen die Naturschützer.

„Bei den Vögeln zählen Gartenrotschwanz, StieglitzStieglitz Im Wort Stieglitz findet sich der häufigste Träller wieder, ein wiederholtes „stigelitt“, der von Männchen wie Weibchen vorgetragen wird., NeuntöterNeuntöter Neuntöter, auch Rotrückenwürger genannt, hört sich eher nach einem Bösewicht als nach einem schutzbedürftigen kleinen Vogel an., GrünspechtGrünspecht Der Grünspecht ist vielen Menschen bekannt, weil er sich auch in parkartigen Siedlungsbereichen aufhält und dort auf Rasenflächen bei der Nahrungssuche beobachtet werden kann., Wendehals und Bluthänfling zu den Leitarten. Streuobstwiesen werden gerne als Ausgleichsflächen angelegt, weil sie viele Ökopunkte auf vergleichsweise wenig Raum bringen. Oft bestehe aber kein Interesse an der Nutzung und die Pflege wird eingestellt. Nach dem Bundesnaturschutzgesetz sind Streuobstbestände oder Wiesen ein gesetzlich geschütztes Biotop. Der Streuobstanbau wurde im Jahr 2021 sogar in das bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes aufgenommen. Dieses wollen wir schützen“, erklärte Arno Werner.

Artikel der HNA v. 22.08.2025


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