Kormoran [Phalacrocorax carbo]

©Günter Hahn

Wenige Vögel werden so kontrovers und auch emotional behandelt wie der Kormoran. Für Gewässernutzer ist es ein „böser schwarzer fischfressender Vogel“.

Aufgrund seines durchtränkbaren Großgefieders liegt der Kormoran beim Schwimmen so tief, dass hauptsächlich Kopf, Hals und Schulterpartien zu sehen sind. Der im Wasser meist tauchend sich bewegende Vogel fällt auch danach durch das bei Vögeln unübliche Verhalten auf, dass er erst einmal in Gewässernähe mit ausgebreitetem Flügel sein Gefieder trocknen muss.

Es ist ein sehr sozialer Vogel, der sowohl in Kolonien brütet als auch sich abends an Schlafbäumen in größerer Zahl sammelt.

Kormoran Fakten:
Lateinischer Name:Phalacrocorax carbo
Größe:Körperlänge 80-100 cm bei einer Spannweite von 130-160 cm
Besondere Kennzeichen:Altvögel haben ein schwärzliches Federkleid, wobei die Flügeldecken eher dunkelbraun und metallisch schimmernd sind. Im Prachtkleid bekommt die Art kleine weiße Zierfedern am Kopf, die bei der kontinental verbreiteten Unterart (sinensis) ausgeprägter hervortreten als bei der am Atlantik verbreiteten Unterart (carbo). Auch haben die Vögel dann im Prachtkleid einen weißen Fleck oberhalb der mit Schwimmfüßen ausgestatteten Beine. Der Weißanflug verliert sich während der Brutsaison. Die Jungvögel sind braun, im Jugendkleid mit meist weißem Bauch. Mit 3-4 Jahren werden sie geschlechtsreif.
Gelege:3-4 Eier. Kormorane nisten in Gewässernähe in Kolonien (bevorzugt auf Inseln), wobei die auffälligen Nester in höheren Bäumen errichtet werden. Oft auch in Gemeinschaft mit dem Graureiher. Auf kahlen Gewässerinseln können sie auch Bodenbrüter sein. Bei der atlantischen Sippe liegen die Brutplätze mehr auf Küstenfelsen. Es besteht eine hohe Brutplatztreue. Aufgrund des stark ätzenden Kotes sterben bei länger bestehenden Kolonien oder Schlafplätzen die Bäume oft ab. Die ansonsten eher ruhigen Vögel sind hier sehr ruffreudig mit gackernden bis tief krächzenden Lauten wie „chrho, chrho, chrho“.
Lebensraumansprüche:Fischreiche Gewässer aller Art. Brutkolonien oder Schlafplätze liegen im Binnenland meist auf hohen Bäumen, die am Ufer und gerne auf Inseln liegen.
Nahrung:Fische, meist in der Größenordnung von 10-20 cm, aber auch bis 55 cm sind belegt. Der Vogel zeigt eine hochgradige Spezialisierung als Fischjäger. Der Verzicht auf ein Wasser abweisendes Großgefieder ermöglicht zusammen mit seinem spindelförmigen Körper ein ausdauerndes und kraftsparendes Tauchen nach Fischen. Durchschnittlich verzehrt ein Kormoran pro Tag etwa 450 Gramm Fisch.
Beobachtung im Jahreslauf:Der Kormoran gilt als Teilzieher, von dem ein Teil der Population regelmäßig zieht. Ansonsten zieht die Art nach der Brutzeit meist breitflächig in Europa umher, teils bis zur nordafrikanischen Küste. Die Brutplatzbesetzung erfolgt ab Ende Februar, überwiegend im März. Die Art zeigt ein asynchrones Brüten, bei dem die Ersten Anfang März Eier legen, Nachzügler und Paare mit Ersatzbruten können aber bis in den Juni hinein eine Brut anfangen. Flügge sind die Jungvögel frühestens ab Ende Mai, meist aber erst ab Ende Juni. Ein Wegzug kann sich zwischen Anfang September und Ende November anschließen.
Für was steht die Art:Die Art steht für ein kaum versöhnliches Verhältnis zwischen Naturnutzung (Fischerei) und dem Existenzrecht von Arten. Aber auch der Natur- und Umweltschutz tut sich im Zielkonflikt zwischen Vogel- und Fischschutz oft schwer, angemessen zu reagieren.
Gefährdung:Aktuell nicht gefährdet, aber von Schutzmaßnahmen abhängig. Aufgrund des schon immer sehr angespannten Konkurrenzverhältnisses zwischen Mensch und Kormoran war er Anfang der 70-er Jahre in Deutschland fast ausgerottet. In Westdeutschland gab es an der Wesermündung noch eine Kolonie mit ca. 50 Brutpaaren, in Mecklenburg-Vorpommern gab es da noch etwa 1000 Brutpaare an 4-5 Koloniestandorten. 1979 wurde der Kormoran durch die EU-Vogelschutzrichtlinie geschützt. Seit Anfang der 80-er Jahre gab es eine starke Bestandserholung. Für Deutschland wird für 2016 ein Brutbestand von 26.000 Brutpaaren geschätzt (Rote Liste 2020). Seitdem stagniert die Zahl, auch in den Bundesländern, da scheinbar eine Kapazitätsgrenze erreicht ist.
Schutzmaßnahmen:Neben dem nach wie vor nötigen gesetzlichen Schutz und der Sicherung von Koloniestandorten werden umstrittene Maßnahmen bei Zielkonflikten im Naturschutz und zur Konfliktminderung bei der Fischerei durchgeführt. Kormoran-Verordnungen zur Abwehr von wirtschaftlichen oder ökosystemaren Schäden erlaubten Abschüsse, von denen reichlich Gebrauch gemacht wurde. Auch wurden teils Vergrämungen an konfliktreichen Schlaf- und Kolonieplätzen angeordnet. Der Erfolg dieser Maßnahmen war aber gering bis kontraproduktiv. Eine echte Lenkungswirkung konnte nicht erreicht werden, da Abschüsse kaum eine „Lernwirkung“ entfalten. Sie wurden zu breitflächig angewandt, die Art zeigt ein zu stark migrierendes Verhalten. Die Wirkungen sind höchstens sehr kurzfristig. Das fortwährende Hin- und Herscheuchen durch Bejagung hat dagegen einen höheren Nahrungsbedarf des Kormorans zur Folge. Erfolgreicher ist dagegen der Schutz der Teichanlagen und die ökologische Optimierung der Gewässer.
Besonderheiten:Der Ruf nach noch breitflächigeren Abschüssen wird die Situation bestandsbedrohter Fischarten nicht lösen. Der Kormoran kann als fischfressende Art zwar einen merklichen Einfluss auf die Bestände von Fischen haben, aber die Tätigkeit eines tierischen Beutegreifers führt niemals zu bestandsbedrohenden Zuständen. Nicht der Kormoran gefährdet deren Überleben, sondern die negative Wirkung des Menschen auf die Gewässersysteme. Stattdessen sollte die Verbesserung der durch landwirtschaftliche- oder kommunale Nährstoffeinträge in Schieflage geratenen Fließgewässer konsequent angegangen werden. Der Nährstoffeintrag in Fließgewässern hat u.a. ein Algenwachstum zur Folge, was das Kieslückensystem verstopft und so den Bruterfolg der Fische mindert. Hilfreich sind auch breitere Gewässerrandstreifen, eine bessere Gehölzabschattung weitflächig offener Bach- und Flussabschnitte oder das Zulassen von Treibgut und sonstigen Deckungsstrukturen für Fische im Flusslauf.

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