25.08.2022 Keine Windenergie auf der Montabaurer Höhe!
Die Montabaurer Höhe ist ein bedeutendes Gebiet für die Biodiversität sowie den Natur- und Artenschutz. Als Fauna-Flora-Habitat (FFH)-Gebiet steht sie unter dem Schutz der europäischen FFH-Richtlinie, ist ein bedeutendes Wasserschutzgebiet, Kernlebensraum der streng geschützten Europäischen WildkatzeEuropäische Wildkatze (Felis silvestris silvestris) Die Europäische Wildkatze ist eine der seltensten einheimischen Säugetierarten und durch internationale Abkommen streng geschützt., liegt in der Kernzone des Naturparkes Nassau und ist ein landesweit bedeutsamer Landschaftsübergang.
„Angesichts der Biodiversitäts- und Klimakrise ist es für uns unverständlich, Überlegungen anzustellen, in einem Wasserschutzgebiet, das die Bürger der Stadt Montabaur und mehrere Gemeinden mit Trinkwasser versorgt, Windindustrieanlagen errichten zu wollen. Auch die geologischen Bedingungen schließen bekanntermaßen die Errichtung derartiger Anlagen hier aus. Schutzgebiete dienen dem Schutz der Biologischen Vielfalt, der Natur und der Arten und nicht ihrer Industrialisierung. Insbesondere verbieten die bedeutenden Wasserschutzgebiete auf dem Köppel eine Industrialisierung dieses Höhenrückens, ebenso der Schutz des Landschaftsbildes. Natur-, Wasser- und Landschaftsschutz müssen in solchen Gebieten Vorfahrt vor allen anderen Interessen haben. Die Umwandlung von WälderWälder Wir schützen Wälder! Wälder sind zumeist die naturnahesten Biotope und wertvolle, nicht ersetzbare Lebensräume für eine Vielzahl von Tieren und Pflanzen. Wald ist mehr als nur Holz.n in Energieindustriegebiete stellt eine der größten zusätzlichen Gefahren für die Biodiversität und damit für die Lebensgrundlagen von Menschen und Tieren dar“, erklärten Harry NeumannHarry Neumann Vorsitzender der Naturschutzinitiative e.V. (NI) , Landesvorsitzender der NI und Dipl.-Biologe Immo VollmerImmo Vollmer Dipl.-Biologe und seit 2018 Naturschutzreferent der NI , Naturschutzreferent der NI.
„Das zeigt auch der höchst bedenkliche Beschluss der Ampel-Koalition, hierzulande den Arten- und Naturschutz notfalls in den Wäldern und auf den Feldern schneller als bisher weiteren Windkraftanlagen und Stromtrassen zu opfern, und jedes Grün in und am Rand der Städte dem Wohnungsbau oder der Industrieansiedlung“, erklärt der Evolutionsbiologe Prof. Dr. Matthias Glaubrecht, Direktor des Centrums für Naturkunde an der Universität Hamburg.
„In der gegenwärtigen Diskussion um Wege aus der ökologischen Krise ist eine eindimensionale Verengung des Problems auf die Klimaproblematik zu beobachten. Das Credo, dass die Klimakrise die größte ökologische Bedrohung des Planeten Erde sei, kann und darf aus wissenschaftlicher Sicht nicht unwidersprochen bleiben. Die Überdüngung der Ökosysteme, das Artensterben, Mikroplastik, Pestizide und die Zerstörung von LebensräumeLebensräume Wir schützen Lebensräume! Bedrohte Vielfalt schützen und erhalten!n stellen die negativen Effekte der Klimaänderung objektiv weit in den Schatten. Naturschutz muss wieder oberste Priorität haben, damit die Ökosysteme durch menschliche Eingriffe nicht noch weiter aus dem Gleichgewicht geraten. Der Erhalt der Arten und funktionierender Ökosysteme sind die zentralen Zukunftsthemen. Die einseitige Ausrichtung auf den ebenfalls wichtigen Klimaschutz verdeckt jedoch die biologische Realität des Artensterbens wie z.B. das Vordringen des Menschen in vormals unberührte Natur, die intensive Landnutzung, die Zerstörung der Wälder, die Ausbreitung von Monokulturen und den fortschreitenden Lebensraumverlust“, betonte Dr. Andreas H. SegererAndreas H. Segerer Dr. Andreas H. Segerer ist Dipl.-Biologe, Lepidopterologe und Vizedirektor der Zoologischen Staatssammlung München, Präsident der Münchner Entomologischen Gesellschaft e.V., Wissenschaftlicher Beirat und Sprecher der Lepidopterologen der Naturschutzinitiative e.V. (NI). , Vizedirektor der Zoologischen Staatssammlung München und Wissenschaftlicher BeiratWissenschaftlicher Beirat Dieser Beirat setzt sich zusammen aus renommierten Naturwissenschaftlern und ausgewiesenen Experten auf ihren Fachgebieten. der NI.
Dr. Martin FladeMartin Flade Dr. Martin Flade studierte Landschaftsplanung und Landschaftsökologie an der TU Berlin, Promotion über Brutvogelgemeinschaften. Er gehört dem Wissenschaftlichen Beirat der NI an. , Landschaftsökologe, Waldexperte, Leiter des Biosphärenreservates Schorfheide-Chorin und Wissenschaftlicher Beirat der NI, hält die Errichtung von Windrädern im Wald grundsätzlich für falsch. „Windräder im Wald zerstören Lebensräume und verursachen einen bedeutenden Flächenverlust von Wäldern, nicht nur durch die Standorte der eigentlichen Windräder, sondern vor allem auch durch die breiten Erschließungsstraßen, welche die Wälder erheblich fragmentieren und öffnen. Die Verluste von Fledermäusen an Windrädern können über Wäldern extrem hoch sein. Unter den Vögeln sind vor allem SchwarzstorchSchwarzstorch Der volkstümliche weiße Klapperstorch, der auch die Menschen über den Kindersegen glücklich macht, hat noch einen wenig bekannten schwarzen Bruder. Dieser Storch ist ein geheimnisvoller und scheuer Waldbewohner. und einige Greifvogelarten, besonders RotmilanRotmilan Der Rotmilan ist der heimliche Wappenvogel Deutschlands, da hier mehr als die Hälfte des Gesamtbestandes vorkommen. Er ist nur in Europa zu finden, weshalb wir für den Erhalt dieser Art eine herausragende Verantwortung haben. und Mäusebussard betroffen“, so Dr. Martin Flade.
Zu den abgestorbenen Fichten, den Borkenkäferkalamitäten und der Räumung der Waldflächen schreibt Prof. Dr. Pierre Ibisch von der Hochschule für Nachhaltige Entwicklung Eberswalde: „Es ist ein Missverständnis, dass Flächen mit geschädigten oder abgestorbenen oder entfernten Bäumen aufgehört hätten Wald zu sein. Es ist ein Missverständnis, dass Wege, Schneisen und Windräder mit ihren tiefen Fundamenten und den wirbelnden Rotoren im Wald kein Problem darstellen, solange nur wenige Tiere getötet werden. Wenn wir Wald wollen, müssen wir ihm Raum geben, Zeit und Ruhe“.
Die Leistungsfähigkeit von Windindustrieanlagen werde oftmals falsch dargestellt. Zum einen sei die Effizienz gering, zum anderen werde zumeist die Energieerzeugung auf der Grundlage der installierten Nennleistung dargestellt. Es ist bereits ein Vielfaches des bundesweiten Strombedarfs durch die installierte Nennleistung bei Wind und Solar abgedeckt. Wenn man den erzeugten Strom speichern könnte, müssten Anlagen abgebaut werden. Da die Speicherung derzeit nicht möglich sei, finde eine reine Materialschlacht statt, die völlig unnötig sei und Natur und Landschaft zerstöre, so die NI. Hinzu komme, dass in Windindustrieanlagen das extrem klimaschädliche Gas SF 6 verwendet werde, dessen Treibhauseffekt so groß sei wie der gesamte innerdeutsche Flugverkehr. „Klimaschutz sieht für uns anders aus“, so die NI.
„Eine echte Energiewende kann nur gelingen, wenn sich der derzeitige klimapolitische Tunnelblick öffnet, das gesamte Ökosystem mit seinen vielfältigen Verflechtungen und Abhängigkeiten, naturbasierte Lösungen wie der Moor- und Waldschutz, Wildnisentwicklung, Renaturierung gestörter Ökosysteme und das tatsächliche Einsparen von Energie in den Mittelpunkt gestellt werden. Die Stadt Montabaur überlässt 20 Prozent ihres Walds der natürlichen Entwicklung und hat damit ökologisch einen beispielgebenden Weg eingeschlagen. Windindustrieanlagen auf dem Köppel würden diesen Weg ad absurdum führen, denn Wälder sind die größten Klimaschützer. Die NaturschutzinitiativeÜber die Naturschutzinitiative e.V. (NI) Die Naturschutzinitiative e.V. (NI) ist ein unabhängiger, gemeinnütziger und bundesweit anerkannter Naturschutzverband. (NI) hat bisher im Westerwaldkreis noch keine Klage gegen Windenergieanlagen geführt. Den Planungen in europäischen Schutzgebieten, Wasserschutzgebieten und Kernzonen von Naturparken würden wir uns aber entgegenstellen. Auch zukünftigen Generationen müssen wir unzerstörte LandschaftenLandschaften Wir schützen Landschaften! Landschaft ist eine wichtige Grundlage für Biodiversität. mit einer hohen Artenvielfalt hinterlassen“, so Harry Neumann und Immo Vollmer.
Lesen Sie hier den Presseartikel aus der Westerwälder Zeitung vom 25.08.2022